Jahressteuergesetz 2020
Anfang September hat die Bundesregierung den Kabinettsentwurf für das Jahressteuergesetz 2020 beschlossen. Der Entwurf enthält zahlreiche Gesetzesänderungen in verschiedenen Bereichen. Im Folgenden möchten wir einige besondere Punkte hervorheben.
1) Investitionsförderung
Der Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG wird flexibler. Eine Investitionsförderung für kleine und mittlere Unternehmen soll bereits für das Jahr 2020 verbessert werden. Investitionsabzugsbeträge ermöglichen eine Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts, was die Investitionsfähigkeit des Unternehmens erhöht. Bislang galt die Begünstigung für Wirtschaftsgüter, die zu mindestens 90% betrieblich genutzt werden. Zukünftig sollen auch vermietete Wirtschaftsgüter in den Anwendungsbereich des § 7g EStG fallen, unabhängig von der Dauer der jeweiligen Vermietung.
Die begünstigten Investitionskosten sollen von 40% auf 50% angehoben werden. Die Gewinngrenze als Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags soll für alle Einkunftsarten vereinheitlicht werden und 150.000 Euro betragen.
2) Arbeitgeberleistungen
Bestimmte Leistungen des Arbeitgebers sind lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Hier erfolgt durch eine Neueinführung in § 8 Absatz 4 EStG eine Klarstellung, wann diese Voraussetzung erfüllt ist:
- Die Leistung wird nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet.
- Der Anspruch auf Arbeitslohn wird nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt.
- Die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung wird nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt.
- Bei Wegfall der Leistung wird der Arbeitslohn nicht erhöht.
Gehaltsumwandlungen zur Erlangung bestimmter Steuervergünstigungen sollen dadurch ausgeschlossen werden.
Diese Vorschrift ist erstmals anzuwenden auf Leistungen, die in einem nach dem 31.12.2019 endenden Lohnzahlungszeitraum zugewendet werden.
3) Verbilligte Wohnraumvermietung
Derzeit liegt eine verbilligte Vermietung vor, wenn diese zu weniger als 66% der ortsüblichen Miete erfolgt. Ein Werbungskostenabzug ist in diesen Fällen nur anteilig möglich. Ab dem Jahr 2021 soll diese Grenze auf 50% gesenkt werden. Bei einer Vermietung zwischen 50% und 66% der ortsüblichen Vergleichsmiete, soll jedoch eine Totalüberschuss-Prognose erstellt werden. Bei einem prognostizierten positiven Totalüberschuss ist dann der vollständige Werbungskostenabzug möglich. Führt die Prognose zu einem negativen Ergebnis, sind die Werbungskosten aufzuteilen und zu kürzen. Eine Totalüberschuss-Prognose wird in der Regel über einen Zeitraum von 30 Jahren erstellt.
4) Kapitalforderungen
Um eine steuerliche Erfassung von Kapitalanlagen, die auf Lieferungen von Gold oder anderen Edelmetallen gerichtet sind, zu gewährleisten, wird zum 01.01.2021 eine Ergänzung des Begriffs der Kapitalforderungen im Einkommensteuergesetz vorgenommen. So werden zukünftig auch Erträge aus Forderungen erfasst, wenn anstatt der Rückzahlung eines geleisteten Geldbetrages eine Sachleistung gewährt wird.
5) Datenaustausch
In einem Pilotprojekt ab dem 01.01.2023 und endgültig ab dem 01.02.2024 soll ein Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern eingeführt werden, und die im Lohnsteuerabzugsverfahren bestehende Handhabung mittels Papierbescheinigungen vollständig ersetzen.
6) Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen
Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen können - abweichend von der bisherigen Regelung - auch bei beschränkt Steuerpflichtigen als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Dies gilt erstmals für Beträge, die nach dem 31.12.2020 geleistet werden.
7) Mehrwertsteuer-Digitalpaket
Die Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets soll ab dem 01.07.2021 erfolgen. Hier werden weitreichende Änderungen im grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr geregelt und digitale Schnittstellen weiter ausgedehnt bzw. neu eingeführt. Der neue sogenannte One-Stop-Shop (OSS) ersetzt und vervollständigt den bisherigen Mini-One-Stop-Shop. Das bisherige besondere Besteuerungsverfahren wird erweitert auf Lieferungen innerhalb eines EU-Mitgliedstaates über eine elektronische Schnittstelle, innergemeinschaftliche Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz im Gemeinschaftsgebiet.
Ein weiterer Import-One-Stop-Shop (IOSS) wird für Fernverkäufe von Gegenständen aus dem Drittlandsgebiet mit einem Wert von bis zu 150 Euro eingeführt.
Unternehmer, die die Lieferung eines Gegenstandes innerhalb der EU durch eine elektronische Schnittstelle (z. B. Onlinehandel) unterstützen, werden aus Vereinfachungsgründen und zur Verringerung von Verwaltungsaufwand das OSS-Verfahren in Anspruch nehmen dürfen, um Umsatzsteuer anzumelden und zu entrichten.
8) Telekommunikationsdienstleistungen
Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Reverse-Charge-Verfahren) wird ab dem 01.01.2021 erweitert auf Telekommunikationsdienstleistungen an sog. Wiederveräufer.
9) Rechnungsberichtigung
Die Berichtigung einer Rechnung stellt kein rückwirkendes Ereignis dar. Ein Vorsteuerabzug ist erst dann möglich, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt bzw. nachdem eine fehlerhafte Rechnung berichtigt wurde. Dies entspricht der bisherigen Verwaltungsauffassung, soll aber durch eine gesetzliche Regelung klargestellt werden.
Fazit:
Die hier aufgeführten Änderungen stellen lediglich einen Ausschnitt des umfangreichen Entwurfs dar. Das Jahressteuergesetz sieht auch Modifikationen für andere Bereiche wie z. B. im Erbschaftsteuerrecht vor. Gern stehen wir Ihnen bei Rückfragen zu den hier genannten Themen und auch für weitere individuelle Rückfragen zu verschiedenen Themen im Bereich des Steuerrechts zur Verfügung.